Nachruf auf Wilfried Breuer
Günter Schelle,
Geschäftsführer Interessengemeinschaft Hämophiler e.V.
Unser Vorstandsvorsitzender Wilfried Breuer hat uns nach langer schwerer Krankheit, aber dennoch viel zu früh im Alter von nur 54 Jahren in den frühen Nachmittagsstunden des 28. März 2006 für immer verlassen. Wir sind sehr traurig!
Wilfried Breuer hat zusammen mit zwölf weiteren Personen im Sommer des Jahres 1992 die Interessengemeinschaft Hämophiler e.V. gegründet, gemeinsam wollten wir die Lebenssituation der an einer angeborenen Blutungskrankheit leidenden Personen und ihrer Angehörigen nachhaltig verbessern.
Ich erinnere mich gut an die ersten Begegnungen mit Wilfried Breuer, die der eigentlichen Gründungsversammlung vorausgingen. Ich stand bis dahin der organisierten Vereinsarbeit eher skeptisch gegenüber, er verstand es jedoch mit einer außerordentlichen Überzeugungskraft, mich zur Mitarbeit in dem neuen Verband zu motivieren.
Wilfried wurde von der bald einberufenen Mitgliederversammlung zum Vorstandsvorsitzenden bestellt, ich wurde sein Stellvertreter.
Schon bald nach der Gründungsversammlung wurde der Verein in das Bonner Vereinsregister eingetragen und die Gemeinnützigkeit anerkannt. Somit konnte die offizielle Arbeit im September 1992 aufgenommen werden.
Eine der ersten Aufgaben der IGH war es, eine zufrieden stellende Entschädigungslösung für die durch Blutprodukte an HIV und AIDS erkrankten Personen zu erreichen, was uns mit dem Inkrafttreten des HIV-Hilfe-Gesetzes im Juli 1995 gelungen ist. Wilfried Breuer hat durch sein unermüdliches Engagement, sein öffentliches Auftreten und der intensiven Pflege politischer Kontakte entscheidend zu dieser Lösung beigetragen. Bis zu seinem Tode war Wilfried Breuer Stiftungsrat in der Stiftung "Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen".
Am 24.10.1996 wurde ihm für sein besonderes Wirken für die betroffenen Hämophilen und ihre Angehörigen das Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland verliehen.
Ein weiteres Ziel von ihm, auch für die mit Hepatitis C infizierten Bluter eine finanzielle Entschädigung zu erreichen, ist ihm leider verwehrt geblieben.
Durch seine Persönlichkeit und auch durch seine fundierten Kenntnisse konnte die IGH in den verschiedenen gesundheitspolitischen Entscheidungsgremien wichtige Gesetzesvorhaben mitgestalten. Heute sind dank Breuer IGH-Vertreter als Experten in den Gremien fest etabliert . Hier seien stellvertretend genannt der Arbeitskreis "Blut" des Bundesministeriums für Gesundheit, angesiedelt im Robert-Koch-Institut in Berlin, Expertengremium zur Einrichtung des "Deutschen Hämophilieregisters" im Paul-Ehrlich-Institut in Langen.
Leider konnte er in den letzten Monaten in Folge seines Gesundheitszustandes keine öffentlichen Auftritte mehr wahrnehmen, die Vereinsführung musste er in die Hände seines Stellvertreters Dr. med. Thomas Becker legen, wobei zwischen beiden ein regelmäßiger Ideen- und Gedankenaustausch stattfand und Wilfried somit stets ins aktive Geschehen eingebunden war.
Im Laufe der Jahre habe ich einen begeisterungsfähigen IGH-Vorsitzenden kennen gelernt, einen Menschen, der mit unerschütterlichem Selbstverständnis seine Ziele verfolgte und seine Mitstreiter durch seine bemerkenswerte Menschenführung stets neu von seinen Ideen zu überzeugen vermochte.
Ich habe Wilfried als immer zuverlässigen, loyalen, treuen und verständnisvollen Menschen geschätzt. Ich behaupte, dass ich durch ihn in der IGH nicht nur eine berufliche Heimat gefunden habe, sondern auch menschlich entscheidend geprägt wurde, wofür ich ihm außerordentlich dankbar bin. Sein Rat war mir in manchen schwierigen Entscheidungen eine sehr wertvolle Hilfe.
Ich bin sehr traurig, dass ich einen guten Freund verloren habe. Durch unsere regelmäßigen Kontakte blieb mir natürlich nicht verborgen, dass sich sein Gesundheitszustand zuletzt dramatisch verschlechterte. Es schmerzt, dass er nicht friedlich einschlafen konnte, gleichzeitig bin ich aber dankbar, dass er endlich von seinen Leiden erlöst wurde.
Wir trauern mit Roswitha, seiner Ehefrau und seinen drei Kindern und wünschen ihnen, dass sie die Kraft finden mögen, um den Verlust dieses bemerkenswerten Mannes und Vaters zu bewältigen.
Trotz des Fortschreitens seiner Erkrankung war Wilfried stets am aktuellen Vereinsleben interessiert und blieb in engem Kontakt. Die Vertretung der Interessen der Hämophilen und aller anderen an einer Blutungskrankheit leidenden Menschen war ein wesentlicher Lebensinhalt. Ich bewundere sein Engagement für seinen Verein und dessen Mitglieder.
Nach zunächst möglicher Stabilisierung seines Gesundheitszustands mussten wir akzeptieren, dass seine schwere Erkrankung weiter fortschritt. Dennoch hat mich die Nachricht seines Todes gestern überrascht.