Kurz nach seinem ersten Geburtstag hatte unser Sohn Ben seinen Einstand auf dem IGH-Begegnungswochenende in Blankenheim. Vor drei Monaten hatten wir erfahren, dass er an einer schweren Hämophilie erkrankt ist.
Im Finkenhof trafen wir Eltern mit betroffenen Kindern aller Altersklassen sowie jugendliche und erwachsene Hämophile. Wie immer, wenn es eine Menge Trubel mit anderen Kindern gibt, hat sich Ben über die Veranstaltung sehr gefreut. Von Altersgenossen kann man immer eine Menge nützlicher Tipps bekommen, zum Beispiel, dass man als Einjähriger unbedingt einen Bobby-Car braucht und vieles mehr.
Die größeren Kinder spielten Fußball und Tischtennis, bastelten Tiere aus Stroh und lernten, wie man Videofilme dreht. Für diese Aktivitäten war unser Ben natürlich noch zu klein.
Hat sich das Wochenende gelohnt? Auf jeden Fall!
Was hat es gebracht? Schwer zu beschreiben. Auf jeden Fall war es ein weiterer Schritt weg vom lähmenden Schreck der ersten Tage nach der Diagnose.
Bens etwas ältere "Krankheitskollegen" mit Spaß beim Sport zu sehen, hat mich sehr gefreut. Natürlich hatte sich die allergrößte Panik bereits nach dem ersten Besuch in der Hämophilieambulanz vermindert und man hatte uns erklärt, was das Kind machen dürfe und was nicht. Es selbst zu erleben ist aber sicher unverzichtbar, um das Kind das machen lassen zu können, was es darf, ohne es allzu sehr durch die Sorgen seiner Eltern zu belasten. Wer die Kinder spielen sieht, verliert auch die Sorge, dass die Krankheit das Kind prägen könnte. Alle machten einen fröhlichen und glücklichen Eindruck und hatten eine Menge Spaß. Beim Kicken auf dem Fußballplatz und beim Spielen fiel dem eingeweihten Beobachter allenfalls auf, dass nicht gerempelt und gerauft wurde, so wie es in diesem Alter sonst schon mal häufiger zu sehen ist.
Als "Neuer" habe ich mir erlaubt, alle Gesprächspartner nach ihren Verläufen zu befragen und von allen geduldig Auskunft bekommen. So erhalten die für die heutigen Hämophilen durchaus zufriedenstellenden Verläufe ein persönliches Gesicht und man lernt, sich auch aus subjektiver Sicht in die Probleme einzudenken. Natürlich kriegt man auch mal einen kleinen Schreck , wenn von einer Komplikation wie Antikörperbildung oder Blutung im Verlauf berichtet wird, Risiken, die mir durchaus theoretisch bekannt waren . In der Summe bleibt aber der beruhigende Eindruck, dass die Betroffenen mit ihrem Leben gut zurechtkommen.
Sehr beeindruckt war ich auch von der positiven Lebenseinstellung mancher älterer Hämophiler, die im Laufe ihres Lebens durch die schlechteren Therapiemöglichkeiten und die Infektionsrisiken viel mehr an der Krankheit zu tragen hatten, als man es für die heute hämophilen Kinder hoffen kann.
Das Geflecht an Bekanntschaften und Sympathien mit ebenfalls von der Hämophilie betroffenen Familien ist ebenfalls eine große Hilfe. Insgesamt möchte ich den Besuch einer solchen Veranstaltung Familien die nach uns von der Hämophilie betroffen sind sehr empfehlen. Die Bekanntschaft mit älteren Hämophilen macht Mut. Natürlich verschwindet die Hämophilie im Verlauf nicht, aber mit etwas Glück tritt sie doch ziemlich in den Hintergrund.
R. S.