Nieren und Nierenwerte bei HIV-Infektion
Rottenburg, den 04. April 2011
Funktion der Niere
Die beiden Nieren liegen links und rechts der Lendenwirbelsäule. Sie sind für eine Reihe von Stoffwechselprodukten das wichtigste Ausscheidungsorgan, die durch aktive Ausscheidung oder Filtrierung aus dem Blut entfernt werden (Entgiftung). Die Nieren regulieren den Wasserhaushalt und Säuregehalt des Blutes; daneben werden zahlreiche Hormone in den Nieren gebildet oder hier in ihre wirksame Form umgewandelt.
Im Filtervorgang werden zunächst die größeren Blutbestandteile (z.B. die Blutkörperchen, aber auch im Blut vorhandene Substanzen wie das Eiweiß Albumin) zurückgehalten, während kleinere Bestandteile (z.B. Harnstoff und Kreatinin) in der gefilterten Flüssigkeit gelöst bleiben. Anschließend wird diese Flüssigkeit in mehreren Schritten konzentriert, so dass letztlich nur etwa 1,5 Liter Urin über die Harnwege ausgeschieden werden. Bestimmte Stoffe (z.B. Medikamente) werden aktiv von der Niere ausgeschieden.
Nimmt der Körper weniger Wasser auf oder geht an anderer Stelle Flüssigkeit vermehrt verloren (z.B. beim Schwitzen), so reagiert die Niere darauf mit verminderter Harnproduktion. Die Urinausscheidung ist dagegen vermehrt, wenn mehr Flüssigkeit zugeführt wird, oder z.B. bei einer Blutzuckerkrankheit (Diabetes). Auch Koffein und Alkohol führen zu einer erhöhten Harnproduktion.
Störungen der Nierenfunktion
Störungen der Nierenfunktion können sehr verscheidene Ursachen haben: Zum einen können Erkrankungen der Nieren (z.B. bakterielle Infektionen) die Ausscheidungsfunktion beeinträchtigen, zum anderen können sich andere Erkrankungen auf die Niere auswirken (so kann es z.B. bei Gefäßkrankheiten oder Blutzuckerkrankheit zu einer Einschränkung der Filterfunktion der Nieren kommen); auch Autoimmunkrankheiten, bestimmte Medikamente oder chemische Substanzen können zu einer Nierenschädigung mit Funktionsbeeinträchtigung führen. Auch wenn die Ableitung des Harns (z.B. durch einen Verschluss der Harnleiter) gestört ist, kann dies einen Harnrückstau und eine Störung der Nierenfunktion bewirken.
Bei einer HIV-Infektion können sich Immunkomplexe im Filtersystem der Niere festsetzen und zu einer Störung der Nierenfunktion führen; es kann zudem zu entzündlichen Reaktionen des Nierengewebes kommen.
Nierenfunktionsstörungen können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und sehr verschiedene Symptome zeigen. Es kann zu Bluthochdruck und Wasseransammlungen im Körper mit Schwellungen (so genannten Ödemen) oder zu vermehrtem Flüssigkeitsverlust kommen. Die Konzentration im Blut gelöster Stoffe (z.B. Natrium oder Kalium) kann so stark ansteigen, dass in der Folge z.B. die Herzfunktion gestört wird. Toxische Substanzen (sog. Giftstoffe), die nicht in ausreichender Menge ausgeschieden werden, können ebenfalls zu schweren Krankheitszeichen führen.
Medikamente und Nierenfunktion
Von zahlreichen Medikamenten ist bekannt, dass sie die Nierenfunktion beeinflussen. Am häufigsten sind Schmerzmittel, die über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, Ursache von Nierenversagen.
Auch zur Behandlung von opportunistischen Infektionen bei HIV-Infektion werden zum Teil Medikamente eingesetzt, die zu einer Störung der Nierenfunktion führen können.
Bei einer Nierenfunktionsstörung müssen eine Reihe von Medikamenten in ihrer Dosierung angepasst werden. Durch die höhere Konzentration von Medikamenten im Harn kann es zur Ausbildung von Kristallen und Steinen oder zur Entstehung von schmerzhaften Schleimhautreizungen kommen. Die reichliche Zufuhr von Flüssigkeit (durch Trinken oder als Infusion) kann zu einer hilfreichen Verdünnung der Konzentration der Medikamente führen. Andere Medikamente können auch gezielt eingesetzt werden, um die Ausscheidung von Stoffen über die Niere zu verstärken.
Untersuchungen der Nierenfunktion
Die Nierenfunktion wird in der Regel durch die Bestimmung von zwei Substanzen im Blut bzw. Urin untersucht: Kreatinin und Harnstoff. Ist ihre Ausscheidung (Clearance) gestört, steigt die Konzentration dieser Stoffe im Blut an. Neben den Laborwerten können auch andere Untersuchungen (z.B. Ultraschall, Röntgenkontrastmitteluntersuchung, Computertomographie) helfen, den Grund einer Nierenfunktionsstörung zu bestimmen.
Kreatinin
Kreatinin ist ein Abbauprodukt des Muskelstoffwechsels. Es wird über die Niere ausgeschieden; mit zunehmender Einschränkung der Nierenfunktion kommt es zu einem Anstieg des Kreatinins im Blut.
Harnstoff
Beim Abbau von Amminosäuren und Eiweißen entsteht Harnstoff. Er wird über die Niere ausgeschieden; mit zunehmender Einschränkung der Nierenfunktion kommt es zu einem Anstieg des Harnstoffs im Blut.
Elektrolyte
Erhöht sich die Kaliumkonzentration oder sinkt die Konzentration von Natrium im Blut, können dies Zeichen einer Nierenfunktionsstörung sein.
Eiweiß
Wir die Niere durch Giftstoffe geschädigt, kann es dazu kommen, dass auch größere Moleküle den Filter durchdringen. Gemessen wird eine solche Schädigung durch die Bestimmung von Eiweißen (Proteinen) im Urin.
Normalwerte
Normalwerte variieren und sind je nach Alter und Geschlecht unterschiedlich. Auch können unterschiedliche Labors verschiedene Bestimmungsmethoden anwenden, so dass der so genannte Referenzbereich Für Normalwerte bei der Beurteilung von Laborwerten nur einen Anhaltspunkt darstellt. In jedem Falle sollten abweichende Befunde mit der Ärztin oder dem Arzt besprochen werden:
Kreatinin 50 | 110 umol/l |
Harnstoff 1,7 | 8,3 mmol/l |
Kalium 3,6 | 5,4 mmol/l |
Natrium 135 | 145 mmol/l |
Gesamteiweiß im Urin | <150mg/24 Stunden |
Kreatinin im Urin 1 | 1,8 g/24 Stunden |
Karlheinz Schäfer